Samstag, 25. September 2010

Raus aus Russland

So, wir sind in Sochi gelandet, genauer gesagt, nebenan in Adler, nur einen Steinwurf von der georgischen Grenze entfernt, die wir aber leider nicht passieren koennen, weil Abchasien dazwischen liegt und die haben Streit mit Georgien, so dass wir wahrscheinlich auf die teure Faehre nach Trabzon ausweichen muessen um in die Tuerkei zu kommen. Die geht aber erst in 1 oder 2 Tagen, wenn sie halt genuegend ausgebucht ist, Aber wir sind optimistisch, das rechtzeitig rauszukriegen. So lange geniessen wir noch unsere Pause, die zum jetzigen Zeitpunkt auch wirklich faellig ist, weil wir in der letzten Zeit viel gefahren sind und langsam muede werden.
Begegnung am Strassenrand ın Sochi



Das letzte Mal hatten wir uns von Barnaul aus gemeldet, und als wir uns von dort aus auf den weiten Weg nach Samara machen wollten, konnten wir erstmal die festgefrorenen Schafsfelle von den Sitzbaenken losstemmen, was der Auftakt zu einer ziemlich sibirischen Reise, mit Schnee zwischendurch und vielen Tee-und-Borschtsch-Aufwaermpausen war. Nach 5 Tagen, die nicht unbedingt zu den Hoehepunkten unserer Reise zaehlen, sind wir dann endlich in Samara angekommen und hatten das Glueck, keinen Schimmer zu habe, wo wir haetten unterkommen koennen. Also sind wir den MacDonalds-Schildern gefolgt, da MD sich ja meist an touristischen Zentren festzeckt, und haben dort Anna, Aljoscha und Kolja getroffen, die uns nicht nur bei der Hotel- und Stajankasuche geholfen, sondern uns auch 2 tolle Abende beschert haben, und denen wir neben einer Einladung zu sich nach Hause und 2 Stadtrundfahrten auch eine Einfuehrung ins russische Billard verdanken (riiiiiiesiger Tisch mit verteufelt kleinen Loechern, aber wir haben uns einigermassen geschlagen, so 3- ungefaehr). Samara ist eine freundliche Stadt, die wir unter busy-boomtown abgelegt haben, und die wunderschoen an der Wolga (mit tollem Stadtstrand) liegt. Und schoen warm war es dort dann auch wieder.


                                                 Rakete in Samara

Keine Ahnung, was da mit der Wolga los war...

Weiter sind wir dann nach Wolgograd gefahren, und hatten uns auf eine langweilige (weil nach dem Krieg auf dem Reissbrett neu entstanden) und ganz im sowjetischen Heldenkult stehende Stadt eingestellt. Ersteres trifft gar nicht zu: Wolgograd ist wirklich schoen, viele tolle Gebaeude, viele Museen und Theater, freundlich, gut aufgestellt und vom Verkehr her die bisher angenehmste Stadt.
Pelmeni-Restaurant in Wolgograd

Letzteres trifft dagegen 150%ig zu. Der Krieg, der Sieg und die Helden, die daraus hervorgegangen sind, sind allgegenwaertig in Gedenkstaetten, Strassennamen, Hammer/Sicher/Orden an allen moeglichen oeffentlichen Gebaeuden und natuerlich "Mutter Heimat ruft", die Gedenkstaette schlechthin und in ihren Dimensionen beeindruckend bis erschlagend. Auch in Wolgograd haben wir dank ein paar netter Leute viel gesehen und viele Antworten auf unsere Fragen bekommen. Gut gefallen hat uns auch die Geschichte der tanzenden Bruecke (hier schoen anzusehen http://www.youtube.com/watch?v=G0RcnngwJ_Q ). Wir sind auch drueber gefahren, da hat sie aber still gehalten.




Und jetzt liegen wir am Strand, verdauen genuesslich unsere Eindruecke und ueberlegen, was uns fehlen wird, wenn wir Russland verlassen haben und was nicht.Was uns neben den vielen netten Leuten, der tollen Kueche, den oft beeindruckenden Lndschaften, den schoenen Staedten und den Benzin- und Zigarettenpreisen (seit die Waelder nicht mehr brennen muss Gunnar wieder selbst rauchen) fehlen wird, ist unsere neue Lieblings-Wochenendbeschaeftigung: Hochzeiten gucken. Wenn in Russland Extrovertiertheit auf das noetige Kleingeld trifft, werden Hochzeiten als riesiges oeffentliches Event zelebriert, man faehrt in aufwaendig geschmueckten Limousinen Korso zu irgendwelchen HotSpots der Stadt, wo sich die Hochzeitsgesellschaften die Klinke in die Hand geben, macht Fotos, dreht Videos, laesst weisse Tauben fliegen, bringt gemeinsam ein Schloss an einem Brueckengelaender an und zeigt vor allem Kleider- und HighHeeltechnisch was man hat. Und das faellt immer unter die Nicht-kleckern (ausser zwischendurch mit Champanskoje)-sondern-Klotzen (aber richtig!)-Kategorie. Auf uns hat das gewirkt wie Bollywood in HappyEndlosschleife, und es werden sich bestimmt hunderte russische jungvermaehlte Paare fragen, wer die beiden schlechtgekleideten Trottel sind, die keiner eingeladen hat, die aber auf jedem Foto freundlich laecheln.




Was wir mit Sicherheit nicht vermissen werden, sind neben den bescheuerten Grenzformalitaeten, den langsamen LKW, den noch langsameren Internetverbindungen und den Toiletten am Wegesrand die Verkehrspolizisten. Die lauern wirklich ueberall, obwohl wir nur einmal wirklich Aerger hatten und wegen einer ueberfahrenen durchgezogenen Linie 500 Euro Strafe zahlen sollten. Jeder, versteht sich. Ansonsten Protokoll, Gerichtsverhandlung, Verurteilung und was auch immer wir dann nicht mehr verstanden haben, weil wir sowieso kein Russisch mehr verstanden haben, und den halbstuendigen Redeschwall mit der immer wiederkehrenden Aufforderung, gefaelligst das Geld zu besorgen, wenn wir es denn nicht haetten, ueber uns haben ergehen lassen wie Forrest Gump die Gespraeche ueber Shrimps. Schliesslich haben wir uns dann auf den Inhalt unseres Kann-ruhig-geklaut-werden-Portemonnaies (knapp 10 Euro) geeinigt, unsere Fuehrerscheine zurueckgekriegt, und daran, dass wir hier bloggen seht ihr, dass wir weiterfahren durften und ums Steinekloppen gerade nochmal herumgekommen sind!

Leider hat es mal wieder nicht funktioniert, Bilder oder Videos einzustellen. Die Seuche. Aber das soll uns eine Lehre sein, bei der naechsten Reise werden wir besser darauf Vorbereitet sein und ein Netbook mitnehmen. Sollten wir noch einen besseren Internetzugang finden, so werden wir spaeter noch Bilder hinzufuegen.

1 Kommentar:

  1. Liebe Barbara, Lieber Gunnar,

    wie schon jemand anderes an dieser Stelle schrieb... Was kann Euch aus der Heimat überhaupt noch interessieren, wenn sich, zumindest in Euren Beiträgen - die langweiligen und öden Phasen beschreibt Ihr ja nicht so intensiv - die interessanten Highlights nur so knubbeln.
    Naja, schön auf jeden Fall zu hören, dass es Euch gut geht! Hier fallen so allmählich die Blätter, die Heizung - eigentlich hatten wir sie doch gerade erst ausgestellt - bollert schon wieder, ALDI hat seit zwei Wochen wieder Weihnachtsgebäck im Angebot und in drei Wochen sind die Herbstferien vorbei - falls Ihr noch wisst, was das ist.
    Schöne Grüße und iyi günler türkyede (hoffe, das stimmt so)

    Klaus

    Gunnar: Kannst du Barbara von den gesparten 490 € nicht auch ein paar schöne Highheels kaufen?

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